Good Guy VHS - Ihre kleinen und großen Macken
Aktualisiert am von
Längst ist die Videokassette aus vielen Regalen verschwunden. Trotzdem erinnern sich nicht nur Sammler ab und an wehmütig an das gute alte Stück zurück. Spätestens, wenn die DVD einen Kratzer abbekommen hat und der Film plötzlich hängt und springt, stellt man sich die Frage: Hatte die VHS nicht doch auch ein paar Vorzüge gegenüber DVDs und Blu-Rays?
Wir haben die Top 12 der unschlagbarsten Vorzüge, der liebenswertesten Marotten und unnachahmlichsten Eigenheiten von VHS-Kassetten zusammengestellt.
1. Unschlagbares Gedächtnis
Du hast den Film zum letzten Mal vor 15 Jahren angeschaut?
- Die VHS weiß trotzdem noch, wo du stehengeblieben bist.
Es ist diese typische Situation: Man schaut gerade einen Film auf DVD an und plötzlich klingelt das Telefon oder der Nachbar kommt unerwartet vorbei. Natürlich schaltet man den Film nun ab, schließlich kann man ihn ja auch am nächsten Tag noch zu Ende ansehen. Doch 24 Stunden später steht man vor dem Dilemma: An welcher Stelle im Film ist man bloß stehengeblieben? Umständlich zappt man nun von Kapitel zu Kapitel der DVD, in der Hoffnung, den richtigen Moment wiederzufinden.
Zu Zeiten der VHS war das ein Problem von morgen. Die Bänder standen genau an der Stelle still, an der man sie angehalten hatte. In dieser Position warteten sie geduldig darauf, wieder in Bewegung gesetzt zu werden – und das auch noch, nachdem man die Kassette jahrelang im Regal verstauben ließ.
2. Keine Menü-Musik-Falle
Du bist beim Filmeschauen eingeschlafen?
- Die VHS weckt dich nie mit nerviger Menü-Musik.
Wer Filme vor allem zur Entspannung anschaut, hat dieses Szenario sicher schon einmal erlebt. Man hat nur ganz kurz die Augen geschlossen und wacht plötzlich mitten in der Nacht von einem Geräusch auf, das sich mit erwachendem Bewusstsein als nervige Melodie herausstellt. Höchstwahrscheinlich handelt es sich dabei um die Titelmusik des DVD-Menüs, die nun im Loop immer und immer wieder abgespielt wird. Auch nach Tagen wird es noch schwer sein, diese Melodie wieder aus dem Kopf zu bekommen, mit der man unterbewusst mehrere Stunden verbracht hat.
Die VHS war in dieser Hinsicht humaner – sie ließ ihren Besitzer in Ruhe schlafen.
3. Unzerstörbarkeit
Du hast sie geschlagen, heruntergeworfen und getreten?
- Die VHS geht immer noch wie neu.
Manchmal ist ein Film so schlecht, dass man das Bedürfnis verspürt, ihn an die Wand zu knallen. Solche Wutausbrüche spielen sich zum Glück in der Regel nur im Kopf ab, denn mit einer DVD könnte das böse enden.
Mit einer VHS konnte man seinen Emotionen freien Lauf lassen, denn ihr charmant kantiges Gehäuse verlieh ihr im wahrsten Sinne des Wortes ein „dickes Fell“.
4. Previews überspulen
Du hast keine Lust auf nervige Previews vor dem Film?
- Die gibt es auch auf VHS. Aber bei ihr kannst du vorspulen.
Keine Lust auf Previews vor dem Filmstart? Leider ist man Kinovorschauen auf DVDs hilflos ausgeliefert und muss sie geduldig ertragen, bis der eigentliche Filmgenuss dann endlich losgehen kann. Mit VHS war das anders: Bei ihr konnte man einfach alles überspulen.
5. Kein nerviger Loading Screen
Dein Internet funktioniert wieder nicht?
- Mit VHS sitzt du nie vor dem ladenden Bildschirm.
Online einen Film zu streamen ist wirklich praktisch – doch nur, solange das Internet auch funktioniert. Tut es das nicht, verbringt man Stunden vor dem Computer und starrt kontemplativ ein immer wieder sich aufbauendes Ladezeichen an. Zugegeben, die VHS ist auch nicht gerade vor jedem Abspielfehler gefeit. Doch solche Probleme gab es zu ihren Zeiten immerhin noch nicht.
6. Viel Speicherplatz
Du musst 5 Stunden Material aufnehmen?
- Die VHS hat Platz für noch eine Stunde mehr.
VHS können bis zu sechs Stunden Filmmaterial aufnehmen. Trotz all dem Spott über die Unhandlichkeit der Videokassette: Das ist wirklich beeindruckend.
7. Vorzeigbare Filmsammlung
Du willst mit einer prallen Filmsammlung im Regal angeben?
- Mit ein paar VHS-Kassetten ist dein Regal schnell voll.
Heute passen ganze Filme schon auf winzig kleine Mikro-SD-Karten. Das ist zwar praktisch, jedoch irgendwie auch sehr abstrakt. Zur Zeit der VHS konnte man Filme noch richtig zwischen den Fingern spüren. Auch, wenn sie unsere Regale mit ihrem sperrigen Kasten-Format verstopft hat: Die VHS war genau aus diesem Grund auch sehr liebenswert.
8. Schicker Oldschool-Look
Du stehst auf die alte Flimmer-Optik?
- Mit VHS brauchst du dafür kein Bildbearbeitungsprogramm.
Der alte Filmlook ist wieder modern. Flimmern, Streifen oder Körnigkeit – Bildphänomene, die einst als Abspielfehler galten, werden heute sogar umständlich von Filmemachern am Computer künstlich nachgestellt. Mit VHS war das nicht nötig. All die schicken Retro-Looks entstanden bei ihr früher oder später ganz von alleine, gratis und ohne viel Aufwand.
9. Entspanntes Lebensgefühl
Du willst den Film vor Ladenschluss bei der Videothek zurückgeben?
- Denk dran! Du musst die VHS erst zurückspulen.
VHS ist nicht nur ein Format, sondern auch ein Lebensgefühl. Denn mit ihr dauerte alles etwas länger. So konnte man Filme nur in der Videothek zurückgeben, wenn man sie zuvor komplett zurückgespult hatte. Zwischen Tür und Angel mal eben einen Film schauen war also nicht möglich. Mit der VHS musste man sich eben für alles ein bisschen mehr Zeit nehmen.
10. Recyclingfreundlichkeit
Du brauchst mehr Speicherplatz für neue Filme?
- Die VHS kannst du kostenlos und recyclingfreundlich neu überspielen
VHS-Kassetten waren, ohne dass sie es wollten, eigentlich auch sehr umweltfreundlich. Schließlich konnte man sie wieder und wieder überspielen. Speicherplatz war damit zwar nicht unbegrenzt, aber immerhin kostenlos vorhanden.
Diesen Vorzug nutzte man jedoch meistens nur so lange, bis man einmal ausversehen das Hochzeitsvideo überspielt hatte. Diese wertvolle Erinnerung war dann tatsächlich für immer weg, denn einen Wiederherstellungsknopf gab es bei der VHS noch nicht.
11. Mehr Spannung
Du willst deine Lieblingsstelle im Film noch einmal anschauen?
- Steigere die Spannung! Mit VHS musst du erst einmal vor- und zurückspulen.
Diesen einen guten Moment im Film immer und immer wieder anzuschauen kann, so gut er auch ist, irgendwann langweilig werden. Mit der VHS wurde die Spannung immerhin noch etwas länger aufrecht erhalten. Schließlich musste man erst einmal zu der richtigen Stelle vor- oder zurückspulen.
12. Unvergleichliche Soundkulisse
Du vermisst die Sounds deiner Jugend?
- Lege eine VHS ein und erinnere dich an das Spulgeräusch oder das Klacken bei Start und Stop.
Die gute alte VHS hatte so viele gute Seiten. Mit ihrer einzigartigen Optik, der charmant groben Haptik und ihren unverwechselbaren Geräuschen kann man sich mit ihr auch heute noch leicht zurück an seine Kindheit und Jugend zurückerinnern.
Dazu legt man die Kassette einfach in den Videorekorder ein und lässt sich dann vom Spulgeräusch, dem Knacken und dem liebenswert ausgebleichten Bild in andere Welten entführen – solange, bis sich diese bunten Streifen wieder über den ganzen Bildschirm legen oder das Band sich verheddert. Dann freut man sich insgeheim doch manchmal, dass die Zeiten der VHS vorbei sind.
Ihre größeren Macken
Ok, ok, es war nicht alles gut an der VHS. Mit der VHS ist es wie in einer Beziehung: viele schöne Stunden verbringen wir miteinander und stoßen dabei immer wieder auf kleinere und größere Marotten, die wir trotzdem lieben:
1. Der Bandsalat
Was viele Kinder heute nicht mehr wissen: Bandsalat ist keine italienische Köstlichkeit. Allzu oft mussten wir früher mit ansehen, wie das unheilvolle Wort „ERROR“ auf dem Display des Videorecorders blinkte und das Band, beim Versuch die Kassette aus dem Gerät zu befreien, hängen blieb: der klassische Bandsalat. Lässt sich dieser bei einer Audio-Kassette noch mit einem Bleistift beheben, ist es bei einer VHS schon etwas schwieriger. Wie sie einen Bandsalat und andere Bandfehler reparieren können, lesen Sie hier.
Wussten Sie übrigens, dass das Wort „Bandsalat“ nach der regen Verbreitung von CD und DVD im Jahr 2006 in die Liste der vom Aussterben bedrohten Wörter aufgenommen wurde?
2. Spulen, spulen, spulen
Wie einfach ist es doch heute mit DVDs. Mit wenigen Knopfdrückern gelangt man direkt zu der Stelle, die man sehen will. Nicht so bei der VHS: da hieß es spulen! Zwar entwickelten sich auch die Videorekorder weiter und boten auch einen schnellen Bildsuchlauf an, doch förderte dies nur die Abnutzung des Magnetbandes und der Mechanik.
Auch ausgeliehene Videos mussten in der Regel nach dem Anschauen zum Anfang zurückgespult werden. Was für ein Aufwand! Und wie groß war das Ärgernis, wenn man dann in der Videothek doch mal eine Kassette erwischt hat, die nicht zurückgespult war.
3. Aufnehmen und Kopieren – Das braucht Zeit!
Der Lieblingsfilm lief mitten in der Nacht – einfach aufnehmen. Auch ohne Festplattenrekorder war und ist das natürlich auch mit VHS-Kassetten möglich. Das benötigte doch immer einiges an Vorbereitung! Zunächst musste das Band natürlich (siehe oben) zum Anfang gespult werden. Dann durfte man natürlich nicht vergessen, die Aufnahmesperre an der Unterseite der Kassette zu entfernen. Als nächstes hieß es, den Videorekorder zu programmieren. Und da auch das Fernsehprogramm nie zu 100% Verlass hat, hat man am Anfang und Ende noch ein paar Minuten draufgeschlagen. Das sorgte häufig dafür, dass sich noch Fetzten der vorherigen Sendung auf der Aufnahme befanden – von der Werbung zwischendrin ganz zu schweigen.
Auch das Kopieren eines Filmes auf eine andere Kassette nahm einiges an Zeit in Anspruch. Immerhin musste man den ganzen Film 1:1 abspielen. Das hat gedauert!
4. Abnehmende Qualität
Die analoge Videotechnik beherbergt einigen Probleme: alles voran die ständige Beanspruchung der Mechanik und des Magnetbandes beim Ansehen und Hin- und Herspulen. Über kurz oder lang führt dies zur Verminderung der Bild- und Tonqualität. Farben, Kontraste und Helligkeit lassen irgendwann zu wünschen übrig und nachdem man sich den Lieblingsfilm zum gefühlt hundertsten Mal angesehen hat, wird das Bild allmählich richtig „grisselig“.
5. Überquellende Regale
DVDs in Slimcases oder Filme sogar völlig platzsparend auf Festplatte oder in der Cloud gespeichert entlastet heute so manches Wohnzimmerregal. Die VHS ist da mit ihren 2cm Dicke schon ein echter Platzfresser. Hat man erst einmal sämtliche Dalles-Folgen und eine Kollektion sämtlicher Star-Trek-Filme angehäuft, ist schnell die ganze Anbauwand voll. So eine stattliche Bibliothek will zudem regelmäßig abgestaubt werden, macht aber dafür optisch wirklich etwas her!
Bei all ihren Marotten gehört die VHS doch immer noch, gerade unter Sammlern und Nostalgikern, zu den beliebtesten Filmmedien. Viele Filmraritäten gibt es zudem gar nicht auf DVD, sondern nur auf VHS. Und schlussendlich sind es doch die vielen kleinen Macken, die wir an der guten alten Videokassette so lieben.
Trotz ihrer kleinen Macken – wir lieben die VHS!